Corona zum Trotz: 750 Jahre Hirschau gebührend gefeiert

Vor 750 Jahren, am 23. April 1271, ist Hirschau erstmals urkundlich erwähnt, am 23. April 1516 das Bayerische Reinheitsgebot erlassen worden. Die Stadt und die Schloss-Brauerei begehen den Tag gemeinsam mit einer digitalen Jubiläumsfeier.

Den Impuls zu der 750-Jahr-Feier hatte vor drei Jahren Brauerei-Junior-Chef Sebastian Dorfner nach seiner Lektüre der Stadtgeschichte gegeben, erzählte sein Vater Franz Dorfner zu Beginn der Veranstaltung. Im Alltag sei das historische Datum in den Hintergrund getreten. Mit Bürgermeister Hermann Falk sei er sich einig gewesen, dass das Ereignis gebührend gefeiert werden soll. Unisono bedauerten der Brauerei- und der Rathaus-Chef, dass man das Jubiläum wegen der Corona-Pandemie nicht mit einem großen Stadtfest feiern kann. Zufällig falle auf den gleichen Tag das 505-Jährige des Bayerischen Reinheitsgebots. Auf beide Anlässe stießen die Teilnehmer mit einem Jubiläumsbier an, das eigens für diesen Anlass gebraut worden war.

Die Gruppe „Jedsmal Anerschd“ lockert die Jubiläumsfeier musikalisch auf. Sie erfüllt dabei natürllich die Vorgaben des Gesundheitsamts, spielte im Freien auf und tritt mit (von links) Andrea und Matthias Fenk, Roland Ertel sowie Josef und Jakob Hofmann in nur fünfköpfiger Besetzung auf, deren Mitglieder aus nur drei Haushalten stammen.

Den Festgästen – rund 300 waren ständig online mit dabei – wurde drei Stunden lang ein gleichermaßen informatives wie unterhaltsames Programm geboten. Eröffnet wurde es mit Fotos von und einem Imagefilm über Hirschau. Den musikalischen Part übernahm die Gruppe „Jedsmal Anerschd“, Matthias und Andrea Fenk, Roland Ertel sowie Josef und Jakob Hofmann spielten im Freien Zwiefache, Polkas, Walzer und Märsche auf.

Rektor a. D. Hans Meindl oblag es, dem Publikum bedeutsame Ausschnitte der Hirschauer Geschichte näher zu bringen – allen voran die erste urkundliche Erwähnung vom 23. April 1271. Graf Rapato von Murach verkaufte nach Angaben Meindls damals seinen Besitz, zu dem auch „Hirzzowe“ gehörte, an Herzog Ludwig II. den Strengen. 1307 werde Hirschau als Oppidum bezeichnet, 1329 im Hausvertrag von Pavia als Markt. 1352 sprach Pfalzgraf Ruprecht I. die Hirschauer als Bürger an, ebenso Kaiser Karl IV. am 2. Oktober 1354, als er ihnen ihre bisherigen Rechte bestätigte. In der Inkorporationsurkunde Karls des IV. vom 5. April 1355 wird Hirschau erstmals offiziell als Stadt bezeichnet. Nach Meindls Einschätzung wurde Hirschau zwischen 1353 und 1358 zur Stadt erhoben. In diesem Zeitraum erhielten auch andere an der Goldenen Straße gelegene Orte wie Lauf (1355) und Hersbruck (1354/55) das Stadtrecht.

Einen Kurzvortrag widmete Meindl der Bedeutung von Karl IV. für Hirschau, der seine wichtigste Entscheidung für die Entwicklung der Stadt 1367 getroffen habe. In diesem Jahr habe er den Hirschauern das Abhalten eines Wochenmarkts gestattet, Neuzuziehenden auf zehn Jahre eine Freiung erteilt und verfügt, dass die bisher „an der Stadt vorbeiziehende Straße durch diese selbst führen soll“. Alle die den Weg außerhalb nehmen würden, sollten der Pfändung und Bestrafung durch den königlichen Amtmann unterliegen. „Die Zolleinnahmen waren für die Stadt von großer Bedeutung und die Basis für ihren Aufschwung“, sagte Meindl. Auf seinen Reisen von Nürnberg nach Prag sei Karl IV. geschätzte 52 Mal durch Hirschau gekommen. Die Leidenschaft von Karls ältestem Sohn Wenzel war nicht das Regieren, sondern die Jagd, weshalb er oft im Schloss in Hirschau zu Gast war.


Hirschau wurde am 23. April 1271 erstmals urkundlich erwähnt, am 23. April 1516 wurde das Bayerische Reinheitsgebot erlassen. Für Brauerei-Junior-Chef Sebastian Dorfner (rechts) und seinen Vater Franz (links) guter Grund zum Feiern. Den historischen Part zu „750 Jahre Hirschau“ übernahm Rektor a. D. Hans Meindl (Mitte).

Ausführlich befasste sich Meindl mit dem Thema „Straßen – Weiher – Mühlen“ in Hirschau. Die Goldene Straße brachte nach seinen Worten Reichtum und großes Elend zugleich. So war sie die Hauptschlagader der Kaufleute. Am heutigen Apothekereck zweigte die sogenannte verbotene Straße ab, die über Schnaittenbach und Waidhaus (B 14) nach Prag führt. Sie ging durch Leuchtenberger Gebiet, also Feindesland von Karl IV., ihre Nutzung war verboten. Im Jahr 1376 nutzte Karl IV., verkleidet als Hirte, selbst diese Straße, da er seinen Gegenspielern zur Wahl des Königs nicht traute. Eine wichtige Rolle in Hirschaus Geschichte spielten auch die Bäche und Mühlen gespielt. Im Stadtgebiet gebe es mit dem Stelzen-, dem Schweins-, dem Schießhütten-, dem Eschen- und dem Mühlbach fünf Bäche, gab es mit der Oberen, der Unteren, der Schindel-, Wald-, Hölzl- und Kramerl- beziehungsweise Walkmühle eine ganze Reihe von Mühlen. Noch heute lehne ein Mühlstein am Stadel der Familie Fink (Obere Mühle).

Wechselvoll gestaltete sich laut Meindl die kirchliche Geschichte. Ursprünglich katholisch und zugehörig zum Kloster Heilsbronn, wurde Hirschau evangelisch, um 1560 calvinistisch, dann wieder evangelisch. Auf der Goldenen Straße reisten hochangesehene Reformer wie Jan Hus oder Hieronymus von Prag durch Hirschau. Letzterer traf am 21. April 1415 in Hirschau ein und äußerte beim Pfarrer Kritik am Konzil. Ein Zuhörer erstattete Anzeige, Richter Teynstauffer ließ ihn gefangen nehmen. Am 30. Mai 1416 erlitt Hieronymus von Prag wie sein Freund Hus den Tod am Scheiterhaufen.

Bürgermeister Hermann Falk war spontan von der Idee angetan, das 750-Jährige der Stadt zusammen mit dem 505-Jährigen des Bayerischen Reinheitsgebots digital zu feiern. Aus diesem Anlass blätterte er im Goldenen Buch der Stadt, in das sich prominente Gäste eingetragen hatten.

Für nostalgische Gefühle sorgte Meindl mit den Gedichten „Woißt das nu?“, „Kennst du mei Hoimatschdod, kennst mei Hirschau?“ und „S’Hirschauer A-B-C“ aus der Feder des Hirschauer Mundartdichters Bepp Dietz. Mit der jüngeren Geschichte Hirschaus befasste sich Bürgermeister Hermann Falk. Beim Blättern im Goldenen Buch der Stadt war er auf prominente Besucher wie Theo Waigel und Irene Epple, Rita Süßmuth, Thomas Goppel und Ulrike Scharf gestoßen.

Zwischen den geschichtlichen Vorträgen wurden im Vorfeld aufgenommene O-Töne von Gabi Huber, Sebastian Weich, Uli und Margot Heldmann, Katharina Stein, Marianne Mendl und Altbürgermeister Hans Drexler eingespielt. Sie zeichneten ein positives Bild von Hirschau und machten sich Gedanken über die Zukunft der Stadt. So stand eine Belebung der Innenstadt durch weitere Geschäfte auf dem Wunschzettel. Drexler erinnerte daran, dass Hirschau in der Vergangenheit erheblich von Zuwanderern profitiert habe. Als Beispiele nannte er im 17. Jahrhundert die Familie Dorfner, zu Beginn des 20. Jahrhunderts den AKW-Gründer Georg Schiffer und schließlich Klaus Conrad. Wie Gabi Huber rechnete er damit, dass es in nicht ganz ferner Zukunft den Monte Kaolino nicht mehr geben und anstelle der jetzigen Kaolingruben eine große Seenlandschaft entstehen werde.

Mit einem Vierzeiler von Bepp Dietz sprach Hans Meindl zum Abschluss den Mitwirkenden wie dem Publikum aus dem Herzen: „Direkt im Herz da Owapfalz, mit Wappenhirsch und Raout-Weiss-Blau, drum bitt i: Herrgott, geijh, erhalt’s nu lang – mei Hoimatschtod Hirschau.“

„Direkt im Herz da Owapfalz, mit Wappenhirsch und Raout-Weiss-Blau, drum bitt i: Herrgott, geijh, erhalt’s nu lang – mei Hoimatschtod Hirschau.“

Hans Meindl zitiert Bepp Dietz
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